Terry Pratchett
Der Lange Krieg
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»Der Lange Krieg« von Terry Pratchett
Auf der langen Erde macht sich, rund zehn Jahre nach ihrer Entdeckung, eine gewisse Unruhe breit. Viele menschliche, hauptsächlich amerikanische Kolonien, streben nach Unabhängigkeit und sind nicht länger bereit, Steuern oder andere Abgaben an das Datum-Amerika zu bezahlen. Das dieser Schritt in unserem Amerika nicht gerne gesehen wird ist nicht nur logisch, sondern ruft auch militärische Reaktionen hervor.
Gleichzeitig verschwinden immer mehr Trolle von den von Menschen besiedelten Welten und ziehen sich in unbekannte Gefilde zurück. Der Grund ist nicht genau klar, könnte aber vermutlich an der schlechten Behandlung der Trolle durch die Menschen liegen. Da man auf den langen Erden aber auf die Hilfe der Trolle nicht verzichten kann, wird eine Expedition ausgesandt um das Verschwinden der Trolle zu erkunden.
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Tja, auch wenn die neueste Zusammenarbeit der beiden Autoren Pratchett und Baxter mal wieder satte 492 Seiten an Unterhaltung hervorgebracht hat und sich Der lange Krieg (OT: The long war) etwas besser und flüssiger als sein Vorgänger liest, so bestätigt er für mich dennoch das alte Vorurteil, dass Fortsetzungen in der Regel verzichtbare Erscheinungen sind. Irgendwie scheint das Autorenduo nicht wirklich viel mit den zahlreichen, ihnen zur Verfügung stehenden Welten, anfangen zu können. Die Abwesenheit von Atmosphäre und eine sich immer mehr zerfasernde Story machten es mir schwer am Ball zu bleiben.
Die ganze Geschichte ist mehr oder weniger ein haltloses Rumgeeiere, eine Tour de farce, äh sorry de force, die den Leser zwar in zahlreiche neue Welten führt, es in ihrer Episodenhaftigkeit aber nicht schafft, so etwas wie einen Rahmen oder ein Gerüst zu kreieren. Eine kleine Geschichte reiht sich an die nächste, alles wirkt zusammengestückelt und unfertig.
Mit der Zeit macht sich eine gewissen Orientierungslosigkeit breit, da man als Leser irgendwann den Überblick darüber verliert, welcher Protagonist sich wo befindet. Die Welten kommen und gehen, rasen kaleidoskopartig vorbei, aber ein richtiges Verweilen und Erkunden gibt es nur selten. Und wenn es tatsächlich einmal dazu kommt, ist es eher langweilig und überflüssig, denn zu entdecken gibt es nur wenig. Kein Wunder, denn es sind unbewohnte Welten und in der Regel nicht viel unterschiedlicher als unsere.
Der Titel des Buches ist irreführend und einfach nur Quatsch. Einen Krieg gibt es nicht, noch nicht einmal ansatzweise. Angespielt wird dabei auf die sich hochschaukelnde Situation zwischen Datum-Amerika und den (ihren) Kolonien. Aber, handelt es sich wirklich um amerikanische Kolonien, wenn Privatpersonen, Millionen Welten von hier entfernt, eine Dorfgemeinschaft gründen? Mit welchem Recht verlangt Datum-Amerika von diesen Dorfgemeinschaften Steuern?
Nun ja, um jedenfalls ihre Ansprüche durchzusetzen, schickt Datum-Amerika Luftschiffe aus, die vor Ort präsent sein und so eine Art Aktion a la „Heim ins Reich“ starten sollen. Der sich abzeichnende Showdown zwischen der amerikanischen Luftschiffflotte und der rebellierenden Kolonie, wird jedoch mangels Konflikt abgesagt und ersatzlos gestrichen.
Als etwas interessanter (aber nur etwas) entpuppt sich das Rätsel um die sich langsam von den langen Erden zurückziehenden Trolle. Sally (wer sonst) und Monica machen sich auf den Weg um das Rätsel zu lösen. Joshua und Bill machen sich auf ihre Fersen um zu helfen. Irgendwie findet man dann auf der durch den Vorgängerband bekannten Rechteckwelt zusammen, trifft auf eine hundeähnliche Rasse, die sich Beagles nennt – und auch genauso aussieht, und wendet alles zum Guten. Friede, Freude, Eierkuchen.
Die parallel dazu laufenden Geschichten um Nelson Azikiwe auf der einen, und der chinesischen Expedition, die 20.000.000 Welten Richtung Osten reist, auf der anderen Seite, sind dermaßen überflüssig und uninteressant, dass man sie auch nicht näher ausführen muss. Warum diese Handlungsstränge überhaupt in die Gesamtgeschichte eingefügt wurden erschließt sich mir nicht. Statt dessen wäre es besser gewesen, wenn sich die Autoren mehr den Motiven der Trolle und ihrem Zusammenleben mit den Menschen gewidmet hätten. Hier wäre vermutlich nicht nur mehr herauszuholen gewesen, sondern hätte die Geschichte auch als ganzes kompakter gemacht.
Das Autorenduo greift wieder auf die altbekannten Figuren zurück, jedoch ohne sie wirklich weiter zu entwickeln. Sally ist nach wie vor die engagierte Draufgängerin, Joshua der unfreiwillige Abenteurer und Monica die Polizistin, die immer noch nach Gerechtigkeit strebt. Auch Lobsang hat wieder seine Hände mit im Spiel.
Fazit:
Hier wird nicht nur eine Möglichkeit vergeben um das Potenzial für eine richtig gute Geschichte konsequent auszuschöpfen, sondern gleich so viele, wie es parallele Welten in der langen Erde gibt. Jede Welt für sich hätte der Hort einer Abenteuergeschichte sein können wie man sie sich als Leser wünscht. Statt dessen rauschen diese Horte einfach nur willkürlich und ohne Sinn und Zweck an einem vorbei. Gerade durch die Kombination von Stephen Baxter und Terry Pratchett hatte ich so große Erwartungen und Hoffnungen – keine wurde davon wirklich erfüllt.