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Wolfgang Jeschke

Dschiheads

  • Autor:Wolfgang Jeschke
  • Titel: Dschiheads
  • Serie:
  • Genre:SF
  • Einband:Taschenbuch
  • Verlag:Heyne Verlag
  • Datum:12 August 2013
  • Preis:7,99 EUR

 
»Dschiheads« von Wolfgang Jeschke


Besprochen von:
 
Sachmet
Deine Wertung:
(4.5)

 
 
Professor Ailif Avrams und die Biologin Maurya Fitzpatrick begeben sich auf den Planeten Hot Edge um die dortige einheimische Spezies zu untersuchen. In ihrer Begleitung befindet sich Sir Jonathan Swift, ein gentechnisch manipulierter Hund, der durch eine KIT aufgerüstet wurde und somit hochintelligent ist und sprechen kann. Angefordert wurde das Team von Commander Wolf, dem Leiter der dortigen Station, der die einheimische Spezies für intelligent hält und es nicht verantworten möchte, dass sie durch die Einwanderer ausgerottet wird.

Schon als die Professoren auf Paradise, wie der Planet liebevoll von den Einwanderern genannt wird, ankommen, wird klar, dass sie nicht willkommen sind. Commander Wolf ist verschollen und der neue Commander arbeitet eng mit den Dschiheads zusammen, die der Meinung sind, dass jede einheimische Spezies zu töten und auszurotten sei. Die Dschiheads sind fanatische Gläubige, die sich als auserwählt betrachten und alles ablehnen, was in ihren Augen nicht von Gott gewollt ist. Angeführt werden sie von einem Großarchon, der sowohl die kirchliche als auch die weltlicher Macht ausübt und dem die alleinige Rechtsprechung in der Gemeinde unterliegt. Lehnt sich jemand gegen die strengen Gebote auf oder hinterfragt die Entscheidungen des Despoten, wird er kurzerhand exekutiert.

Das ein Farbiger, eine Frau und ein Cyborg die Untersuchung durchführen sollen, ist in den Augen der Gläubigen ein Affront, sehen sie doch Frauen und Farbige als minderwertig an und einen intelligenten Hund als Perversion. So haben es die Forscher nicht leicht, ihren Auftrag auszuführen, da sie von allen Seiten boykottiert werden und bald in tödliche Gefahr geraten.

Der zweite Erzählstrang handelt von den beiden Jungen Suk und Anzo, enge Freunde, die in der gläubigen Gemeinde leben, aber als Außenseiter gelten. Anzo ist taubstumm, in den Augen des Großarchons eine Strafe dafür, dass Anzos Mutter eine sündige und ungläubige Frau ist. Beide Jungen hinterfragen die Allmacht des Großarchons und finden beide ihren eigenen Weg, die Gemeinde zu verlassen. Suk trifft auf Professor Avram und lernt durch ihn Dinge kennen, von denen er bisher nicht zu träumen gewagt hat.

Kommentar:
Dieses Buch bringt einen zum nachdenken, auch wenn der Leser mit manchm Ansatz des Autors sicher nicht einverstanden sein kann. Wir haben hier zwei sehr extreme Gegensätze. Einmal die Dschiheads, fanatische Gläubige, die ihre Interpretation von Gottes Wort als unumstößlich erachten und alle anderen Menschen und Lebensformern als minderwertig ansehen. Hier herrschen machtbesessene Männer, die Frauen werden unterdrückt und den Kindern wird Wissen vorenthalten, damit sie nicht anfangen, selbstständig zu denken. Die zwei Jungen Anzo und Suk, die im Dorf der Gläubigen leben, erfahren am eigenen Leib, dass Fragen und eigenständiges Handeln zu drakonischen Strafen führen. Der Leser bewundert den Mut der zwei Freunde, denn durch sie wird klar, dass die Neugierde des Menschen sich nie ganz unterdrücken lassen wird und Freiheit ein kostbares Gut ist, um das es sich zu kämpfen lohnt.

Auf der anderen Seite haben wir den Atheisten Ailif Avram, der jegliche Art von Religion ablehnt und jeden gläubigen Menschen als Vollidioten betrachtet. Seine herablassende Art lässt ihr sehr unsympathisch erscheinen. Was Professor Avram da betreibt, ist nur einen andere Form des Fanatismus. Er lehnt alles Religiöse ab und verurteilt die Anhänger aller Religionen. Die Idee, Religiosität durch einen Eingriff in das Hirn auszumerzen, hat mich hier sehr befremdet, erinnert diese Idee doch sehr an das Handeln der Nazis im dritten Reich. Eigentlich sollte die Devise aber lauten: Leben und leben lassen. Operative Eingriffe am Hirn des Menschen sollten nie eine Alternative sein, um anders Denkende angeblich zu einem besseren Leben zu verhelfen. Der Autor ist Jahrgang 1936 und eigentlich sollte er wissen, welche Verbrechen damals verübt wurden, um die Menschen so zu ändern, dass sie der Norm entsprechen.

Kleine abgeschiedene Enklaven entwickeln Eigenheiten,
sehen nicht über den Horizont hinaus und Inzucht führt zu Degeneration. Obwohl die Dschiheads einen fremden Planeten besiedelt haben lehnen sie jegliche Technik (außer natürlich Waffen) ab. Da fragt man sich, warum Gott einem das Talent gegeben hat, so etwas zu konstruieren

Wenn man die arabischen Länder anschaut ist das Thema des Buches hoch aktuell und brisant. Die Menschen nehmen ihren Dünkel, ihre Vorurteile und ihren Rassismus überall hin mit. Das zieht sich ja durch die ganze Historie, von der Eroberung Amerikas bis zur Kolonialisierung Afrikas und den zweiten Weltkrieg. Wobei der Irrtum bzw. die Schuld aber nicht in der Religion liegt, sondern an ihrer Auslegung und Interpretation. Viele haben geschrieben, dass das Buch nur aus weitschweifigen, theologischen Exzessen besteht. Das finde ich keineswegs. Die Geschichte um Anzo und Suk lockert die theologische Diskussion sehr auf und der Autor hat sich einige wirklich interessante Sachen einfallen lassen, die das Buch sehr spannend machen. Alleine die Beschreibung der bis zu 3km langen Flöße, auf der die Menschen Monate ihres Lebens verbringen, ist sehr schön geschildert und erinnert an die Trucker in den USA, die teilweise wochenlang mit ihrem Truck das Land durchqueren und viel erleben. Das macht sie aufgeschlossen, hilfsbereit und freundlich allem Fremden gegenüber und der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe ist groß.

Ich weiß nicht, wie der Autor den Titel gemeint hat aber ich interpretiere es so, dass Vorurteile im Kopf beginnen und so lange der Mensch nicht bereit ist umzudenken, wird sich bei diesen fanatischen Extremisten leider auch nichts ändern. Und so lange wir nicht weltoffen sind und den anderen so akzeptieren, wie er ist, so lange wird es auch Kriege aus den nichtigsten Anlässen geben.

Das Cover ist nicht besonders innovativ, der Name des Autors prangt in sehr großen Buchstaben darauf. Das hat Herr Jeschke eigentlich nicht nötig, da er ein Urgestein in der deutschen SF Landschaft ist und einen sehr bekannten Namen hat. Aber die Hintergrundfarbe ist gut ausgewählt und der Name setzt sich sehr plakativ davon ab.

Fazit:
Eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt und sehr aktuell ist. Keine leichte Unterhaltungslektüre aber man sollte dem Buch eine Chance geben und sich darauf einlassen. Ein Buch, das einen auch dann noch beschäftigt, wenn es ausgelesen ist
 


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