Tom Hillenbrand
Drohnenland
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»Drohnenland« von Tom Hillenbrand
Ein alternder Hauptkommissar, der Jazz und alte Filmklassiker liebt und sich in der digitalen Welt etwas verloren fühlt. Ein Mann der Tat, der einen Tatort persönlich sehen und erfühlen möchte. Ein Ermittler, der die Laufarbeit liebt. Ein Mensch, der seine Privatsphäre vermisst, ein Begriff der in der neuen, elektronisch überwachten Welt keine Bedeutung mehr hat.
Ihm zur Seite steht eine junge Frau, eine Analystin , die in der digitalen Welt heimischer ist, als im echten Leben. Für die Daten und Datenströme ein Lebenselixier sind. Sie untersucht und interpretiert diese Daten, die ihr mehr vermitteln, als die Aussage eines echten Menschen, denn Daten lügen nicht.
Doch trotz der totalen elektronischen Überwachung und fliegender Polizeidrohnen passieren immer noch Verbrechen.
Als Hauptkommissar Westerhuizen zu einem Mordfall gerufen wird, erscheint die Sache von Anfang an seltsam. Das Opfer ist ein bekannter Politiker, der jedoch kaum im Licht der Öffentlichkeit stand und kein Entscheidungsträger seiner Partei war. Warum also wird ein zweitrangiger Politiker ermordet? Mitten im Nirwana, auf einem verlassenen Feld?
All die neue Technik: Maulwurfdrohnen, bionische Insekten oder andere Beobachtungsgeräte haben nichts aufgezeichnet, was zu dem Täter führen könnte. Anscheinend hat der Mörder eine Cleanersoftware benutzt, um seine Identität zu verschleiern.
Doch bald findet die Analystin Ana ein Bekennervideo im Netz und sie kann die Spur der Daten zurück verfolgen, so dass der Täter ermittelt wird. Bei der Verhaftung kommt es zu einer Fehlfunktion einer Aufklärungsdrohne und der mutmaßliche Täter kommt ums Leben. Zu schön, dass der Verdächtige stirbt, ohne eine Aussage machen zu können.
Für die Vorgesetzten ist der Fall abgeschlossen, doch Westerhuizen beschleicht das Gefühl , ausgetrickst worden zu sein. Als er bei seinem nächsten Fall auf die gleichen Namen stößt, wie bei dem Mord an dem Politiker Puzzi, ermittelt er auf eigene Faust weiter. Je mehr Fragen er stellt und je mehr Staub er aufwirbelt, desto mehr bringt er sich und Ana in Gefahr. Die Spur führt in die Vergangenheit zu einem geheimen Militärprojekt.
Kommentar:
Das Buch wird als Kriminalroman angepriesen , doch es ist ein Kriminalroman, der in einer sehr beängstigenden Zukunft spielt. Beängstigend, weil sie glaubhaft wirkt, zu nahe an der Wirklichkeit. Durch den Klimawandel wurde Holland überflutet, die Grenzen der Länder haben sich verschoben, England isoliert sich immer mehr von Europa. Die asiatischen Länder dominieren und die USA haben ihre Macht verloren
Jeder Mensch wird beobachtet, alles wird aufgezeichnet, Drohnen in allen Formen und Größen fliegen umher, um das Leben der Menschen aufzuzeichnen und auf mögliches Fehlverhalten hin zu untersuchen. Dabei hilft die Motorikanalyse. Die Vorlieben, Marotten und Gewohnheiten eines Menschen ergeben ein digitales Muster. Kombiniert man dies mit einer Erkennungssoftware, ist niemand mehr unsichtbar, es gibt einen Ort mehr, an dem man sich verbergen kann. Diese Prognoserechner können an Hand der Daten sogar ermitteln, ob jemand in naher Zukunft ein Verbrechen begehen wird und er kann auch andere Wahrscheinlichkeiten berechnen
Der Autor lässt hier eine sehr schockierende, doch auch sehr glaubhafte Zukunft entstehen. Mirrorspace, Hologramme, Motorikanalyse, implantierte ID-Chips, Droggerdrohnen, Smartgunsoftware, alles zusammen ergibt die globale Observation der Menschheit. Als Ava jedoch erkennt, in welchem Umfang Daten manipuliert werden können, wird ihr Glaube an die übermächtige Technologie stark erschüttert.
Schon Elliott Hall hat in seinem Bücher: "Böses mit Bösem" und "den ersten Stein", zwei sehr spannende SF Thriller geschaffen , die den Überwachungsstaat thematisieren. Doch Elliott Hall fehlt der Humor eines Tom Hillenbrand. Obwohl das Thema durchaus ernsthaft und sehr bedrückend ist, schafft es der Autor immer wieder, dem Leser ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
Westerhuizen wirkt wie Don Quichotte, der gegen Windmühlen kämpft. Ein Mann, der die alte Lebensweise liebt und verteidigt, ein Unikat, mit vielen Ecken und Kanten. Der Kontrast zwischen ihm und der Analystin Ava könnte nicht größer sein. Sie, ein Kind der modernen Welt, welches die neue Technologie mit Leidenschaft nutzt und auswertet. Doch wenn es um Wahrheit und Gerechtigkeit geht, halten beide eisern zusammen. Die Sprache des Autors ist leicht, locker, leger, nie moralisierend oder belehrend, doch stets sehr prägnant und beeindruckend.
Natürlich erinnert vieles in diesem SF Kriminalroman an Staatsfeind Nr. 1 , an Minority Report oder an die Bücher von John Twelve Hawks. Doch trotz allem hat Tom Hillenbrand hier etwas eigenes kreiert, etwas, das den Leser davon überzeugt, dass die Welt morgen schon genau so sein könnte.
Fazit:
Spannend, unterhaltsam, bedrückend und glaubhaft. Es macht Spaß, die Bücher dieses Autors zu lesen. Seien es kulinarische Krimis oder SF Krimis, er beherrscht sein Metier.