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Lethem, Jonathan

Der Kurze Schlaf

  • Autor:Lethem, Jonathan
  • Titel: Der Kurze Schlaf
  • Serie:
  • Genre:SF
  • Einband:Hardcover
  • Verlag:Tropen
  • Datum:00 -
  • Preis:19.80 EUR

 
»Der Kurze Schlaf« von Lethem, Jonathan


Besprochen von:
 
Carsten Kuhr
Deine Wertung:
(4.5)

 
 
1998 oder 1999 war es, da las ich dieses Buch das erste Mal. Damals erschien unter dem Titel „Knarre mit Begleitmusik“ in der Science Fiction Reihe des Heyne Verlages diese rasante Mischung aus gesellschaftskritischem Krimi und SF – und ging damals in der Masse der Publikationen unter.
Nachdem man im ambitionierten Tropen Verlag Jonathan Lethem für den deutschen Markt entdeckt hat, war es nur folgerichtig, seinen Roman dem interessierten Leser neu zugänglich zu machen. Mit Hilfe eines Stipendiums des Europäischen Übersetzerkollegiums Straelen wurde die Heyne Übersetzung intensiv überarbeitet, was nun in der Reihe „Trojanische Pferde“ vorliegt, das ist eine rasante Mischung aus schwärzesten Detective-Thriller und einem SF-Plot, der ein wenig an die Welten des Ph. K. Dick erinnert.
Wir befinden uns in einem Amerika der nahen Zukunft. Das Schnupfen von Drogen ist allgemein üblich, das „Büro“ und dessen Inquisitoren wachen darüber, dass kein Verbrechen ungesühnt bleibt, droht doch bei Verlust der Karmapunkte der Kältetiefschlaf im Froster. Fragen sind ausser den Inquisitoren verboten, und dass es noch Privatinquisitoren gibt ist in einer solchen Welt ein Wunder. Unser Held, wenn dieser Begriff für Conrad Metcalf auch vielleicht ein wenig unzutreffend ist war früher beim Büro. Doch sein Gewissen – etwas, das man eigentlich gar nicht haben sollte – hat dafür gesorgt, dass er dem schnöden Mammon abschwor, und sein Dasein als verarmter Schnüffler verbringt. Als er in den Nachrichten hört, dass einer seiner früheren Auftraggeber ermordet wurde, weiss er, was die Stunde geschlagen hat. Er macht sich auf anzuecken – seine Rededuelle mit gentechnisch aufgerüsteten intelligenten Schafen, Affen und Kängurus, seine Fähigkeit immer gerade da zu sein, wo man ihn nicht haben will erregt zunächst unser Mitleid, später dann, ob seiner Konstanz unsere Bewunderung. Allen Widerständen zum Trotz, alle Drohungen in den Wind schreibend macht Conrad sich auf, das Rätsel der Morde zu lösen – koste es ihn auch das letzte Karmaguthaben.

Es ist nicht so sehr die Auflösung des Verbrechens, das mich bei der Lektüre gefesselt hat. Die Täterfrage, obzwar überraschend und letztlich logisch gelöst geht fast ein wenig unter in den skurrilen Ideen, die Lethem aus seinem Füllhorn auf seine Leser ausschüttet. Vom Staat verordnete, das Gedächtnis löschende Drogen, eine allmächtiger Polizeiapparat, das kennen wir aus anderen Erzählungen. Aber evolutionär-technisch veränderte intelligente Tiere, die letztlich die dominante Spezies verdrängen werden, Baby´s deren Intelligenz künstlich angehoben wurde, ohne dass ihr Körper diesen Schritt nachvollziehen kann – alles was technisch möglich ist, wird durchgeführt – allen Ergebnissen zum Trotz, das hat mich überrascht! In einem kurz, prägnant gehaltenen Stil schnüffelt Conrad Metcalf sich im doppelsinnigen Sinn des Wortes durch das Dickicht der Vertuschung und Gegner. Dabei erlebt er menschliche Enttäuschungen ebenso, wie er überraschende Hilfe erhält. Nicht immer erkennt er wichtige Hinweise, zu oft ist er umnebelt vom Drogenrausch, und doch triumphiert er letztlich. Nicht nur löst er die Mordfälle, richtet den Schuldigen letztlich selbst, er weigert sich auch seine Menschlichkeit aufzugeben. Und dies ist vielleicht sein grösster Sieg in einer trostlosen Welt. Ein gutes, weil spannendes und gleichzeitig nachdenklich machendes Buch in einer beispielhaften Aufmachung und adäquaten Übersetzung – was wollen wir mehr!
 


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