Ilona Andrews Stadt der Finsternis 1
Die Nacht der Magie
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»Die Nacht der Magie« (Stadt der Finsternis 1) von Ilona Andrews
Die Alleingängerin und Söldnerin Kate Daniels wird von der Gilde angeheuert, den Mord an ihrem Vormund Greg aufzuklären. Vieles ist merkwürdig an den Umständen seines Todes. Wer hat Greg beschattet, wer hat das Gildenmitglied ermordet und warum? Auch vier Frauennamen finden sich in Gregs Unterlagen. Alle scheinen verschwunden.
Der Magiescan, den Kate auswerten lässt, bringt nur neue Kuriositäten zu Tage. Das Rudel der Gestaltwandler steht bald ebenso im Verdacht, mit dem Mord zu tun zu haben, wie das Vampire lenkende Volk.
Meinung
Der erste Band der „Stadt der Finsternis“-Reihe ist Urban Fantasy im Form eines Kriminalromans mit einigen spektakulären Kämpfen. Romantik ist bislang nur in Spurenelementen vorhanden.
Die Stärke des Romans liegt in der dunklen Atmosphäre. Das Atlanta, das Andrews geschaffen hat, ist düster und ziemlich gewöhnungsbedürftig. Es gibt eine ganze Horde von unheimlichen Gestalten, von denen wir vor allem Vampire und Gestaltwandler (die sich zu einem Rudel zusammengeschlossen haben) kennen lernen. Die Welt schwankt zwischen Magie und Technik, man nutzt also, was gerade funktioniert, Strom oder magische Lampe, Energiestrom oder Auto. Bis man verstanden hat, wie das Leben in diesem Atlanta abläuft und sich nicht mehr von der Vielzahl der Kreaturen und Parteien überfordert fühlt, kann es schon dauern, denn man wird einfach ohne Erklärungen in diese Welt hineingeworfen und erhält immer wieder neue Informationen, sodass man nie wirklich den Eindruck hat, sich zurechtzufinden.
Durch die Ich-Perspektive hatte die Autorin vielleicht die Absicht, dem Leser die Hauptfigur Kate Daniels näher zu bringen, doch über Kates Gedanken und Gefühle werden nur hier und da ein paar Sätze verloren. Mir war noch nicht einmal klar, warum Kate unbedingt diesen Mord aufklären will, obwohl sie gar keine warmen Gefühle mehr für Greg hat. Wenn ich sagen sollte, warum mich dieses Buch nicht in Begeisterung ausbrechen ließ, dann wäre es wohl am ehesten die Komplexität (bzw. deren Nichtvorhandensein) der Figuren. Wie Curran gegenüber Kate zutreffend feststellt, ist sie ein wandelndes Klischee: „Deine Draufgängernummer ist ja ganz amüsant, geht einem aber auch schnell auf die Nerven.“ Kate ist stark und verschlossen, eine Schwert schwingende, Zauberworte murmelnde Rebellin mit dem unseligen Hang, sich mit Stärkeren anzulegen. Wer sie wirklich ist, erfahren wir bis zum Ende nicht. Dass sie sich mit vorlauten Sprüchen ständig noch tiefer in die Patsche reitet, macht sie mir auch nicht sympathischer, sondern lässt mich stark an ihrer Intelligenz und Überlebensfähigkeit zweifeln.
Curran, seines Zeichens muskelbepackter, goldäugiger Alpha-Tiermensch mit Bad-Boy-Appeal, der als einziger der Heldin Paroli bietet und sie trotzdem immer wieder gern rettet. Diese Art Kerl kenne ich doch von irgendwoher...
Der Stil (in Übersetzung natürlich) ist eher simpel und nicht weiter erwähnenswert, aber manche Passagen sind mir unangenehm aufgefallen: „Ich setzte einen Fuß auf den Vampir und zog Slaver heraus. Das Schwert löste sich leicht, das Fleisch um die Klinge war durch die Magie gelockert. Ich zielte, schwang das Schwert und rammte es dem Wesen durch den Hals. Der deformierte Kopf rollte davon. Ich hob ihn auf. Das Feuer in seinen Augen war erloschen. Sie blickten leer und tot.“ Besonders wenn die Autorin Spannung oder Geschwindigkeit vermitteln will, greift sie gerne auf kurze, simpel gestrickte Sätze zurück. Ein guter Stil sieht allerdings anders aus. Die Szene dürfte auch eine gute Vorstellung von dem Level und der Anschaulichkeit von Gewalt vermitteln. Die Kämpfe sind brutal und bewirken auf beiden Seiten starke Verletzungen, gerade weil wir es mit nicht-menschlichen Wesen mit unmenschlichen (Heilungs-)Kräften zu tun haben. Es geht teilweise schon eklig zu, wenn abgetrennte Köpfe verwesen etc. Der/Die Empfindliche sei hiermit gewarnt. Das Ausmaß an Gräueln scheint manchmal übertrieben und fast zum Selbstzweck zu werden.
Abzug gibt es auch für Fehler in der Logik. Zum Beispiel wird Kate zu Unrecht die Schuld daran gegeben, dass Crests Blut geprüft wird, und alle Figuren verhalten sich plötzlich, als wäre dies tatsächlich der Fall gewesen.
Fazit
Insgesamt ist dieser Serienauftakt nicht gerade ein leichter Einstieg, Benutzerfreundlichkeit gering! Mit den Charakteren konnte ich mich, nicht zuletzt wegen ihrer stereotypen Zeichnung und fehlender Tiefe, kaum anfreunden. Die magische, düstere Welt Atlantas mit ihren vielen Gräueln und die Tatsache, dass der Tod an jeder Ecke zu lauern scheint, hat mich allerdings bei der Stange gehalten. Ich bin auch gespannt, wie die Autorin diesen Bösewicht noch übertreffen will und was Kate nun eigentlich ist...