Gregory Benford
Sternenflüge
Buchlisten
»Sternenflüge« von Gregory Benford
Immer noch befindet sich die SunSeeker im Einflussbereich der Schalenwelt. Auch die beiden ausgesandten Expeditionen sind nach wie vor überfällig. Mit Hilfe der heimischen Fingerschlangen, gelingt zumindest der Gruppe von Beth die Flucht, allerdings lassen sie dabei Tananareve zurück, die in ihrem geschwächten Zustand die Flucht vermutlich nicht überlebt hätte. Die Gruppe um Cliff hingegen freundet sich mit den katzenähnlichen Sil an und versucht mit ihnen einen Fluchtweg von der Schalenwelt zu finden. Bei dieser Suche, kommen sie in Kontakt mit den eigentlichen Erbauern und Herrschen der Schalenwelt. Einer Rasse von Eisgeistern, die an der Außenseite der Schalenwelt lebt und auf die Kälte des Universums angewiesen ist.
Währendessen fangen die Vogelwesen eine unmissverständliche Nachricht von Glory auf. Der Welt, die das eigentliche Ziel der SunSeeker ist. Offensichtlich lebt auf Glory bereits eine intelligente Rasse, die sich durchaus bewusst ist, dass sowohl die Schalenwelt, wie auch die SunSeeker, Kurs auf ihr System genommen haben. Auch wenn sie die falschen Schlüsse aus der Situation ziehen, ist ihre Nachricht doch eindeutig: Verschwindet und bleibt uns bloß vom Hals!
Die Vogelwesen sehen daraufhin nur eine Möglichkeit den Irrtum aufzuklären. Nur, dazu brauchen sie die Hilfe der Menschen an Bord der SunSeeker. Diese sind aber nicht sonderlich darauf erpicht den Wesen zu helfen, die ihre Kameraden auf der Schalenwelt so arg bedrängen. Auch nachdem die Vogelwesen ihrer Forderung unmissverständlich Nachdruck verliehen haben und mit Gewalt drohen, will man an Bord der SunSeeker nicht klein beigeben und geht nun selbst zum Angriff über. Die Situation schaukelt sich auf und als die Vogelwesen eine mächtige Waffe zum Einsatz bringen, scheint das Schicksal der SunSeeker besiegelt zu sein.
---
Vermittelt die kurze Inhaltsangabe vielleicht noch einen vermeintlich actionreichen und spannenden Roman, so ist Sternenflüge (OT: Shipstar) jedoch eher das genaue Gegenteil davon. Der Handlungsbogen ist simpel, die Geschichte selbst dröge gestrickt und altbacken. Eigentlich verwunderlich, denn genau genommen waren alle Zutaten vorhanden um aus der Story eine wirklich schmackhafte Kost zubereiten zu können. Aber was nutzen einem die erlesensten Zutaten, wenn der Koch dummerweise vergisst, dass ganze auch noch zu würzen. So bleibt für mich in der Tat ein eher fader Geschmack zurück. Niven und Benford reißen viele Sachen an, führen aber nichts wirklich näher aus. Wie können Dinosaurier eine Raumfahrt entwickeln, Wesen im Jet leben oder Steine denken? Wo kommt das Material für die Schalenwelt her (so viel Masse dürfte es in unserem Sonnensystem nicht gegeben haben) und wieso um alles in der Welt schafft es die SunSeeker ausgerechnet am „Abgasstrahl“ der Schalenwelt zu schnüffeln. Bei der grenzenlosen Weite des Unviersums ist es doch sehr verwunderlich, dass zwei Konstrukte, unabhängig voneinander, haargenau den gleichen Kurz fliegen. Da wäre doch die Wahrscheinlich, unmittelbar nach einem Lottogewinn vom Blitz erschlagen zu werden, millionenmal größer.
Besonders enttäuscht, war ich von der Sprache und vom Stil. Die ganze Geschichte liest sich für mich „unrund“, holprig, hölzern und auf einfachstem Groschenromannieveau. Auch wenn ich dem Übersetzer Alexander Brockholt nun möglicherweise Unrecht tue, aber für mich ist dieser Mangel an Stilistik und „schriftstellerischer Anmut“ (ich weiß leider nicht wie ich es anders bezeichnen soll) auf den Übersetzer zurückzuführen. Der erste Band, noch von Andreas Brandhorst übersetzt, liest sich wesentlich flüssiger und anspruchsvoller als dieses Buch. Da beide Autoren innerhalb von einem Jahr ihren Schreibstil nicht so grundlegend geändert haben können, ist für mich die Ursache daher eindeutig. Ein Übersetzungsprogramm, das den Text 1:1 übersetzt, hätte vermutlich das gleiche Ergebnis geliefert.
Im Vergleich zum Vorgängerband Himmelsjäger , kann man den beiden Autoren aber zumindest zugestehen, eine etwas flottere und nicht ganz so langweilige Geschichte geliefert zu haben. Endlich wird etwas zu der Entstehungsgeschichte der Schalenwelt geschrieben, erfährt man als Leser wer für den Bau verantwortlich gezeichnet hat und wie die wirkliche Hierarchie auf dem Konstrukt ausschaut. Niven und Benford führen viele neue und interessante Lebensformen ein, wie etwa die Eisgeister oder die Steinwesen. Es hätte alles so faszinierend und interessant sein könnte, wenn sich die beiden Autoren doch nur etwas mehr Zeit genommen hätten um diese wundersamen Wesen näher zu beschreiben. Statt dessen werden einem die Ausführungen nur so um die Ohren gehauen. Eigentlich sehr schade, denn von beiden Autoren bin ich besseres gewohnt.
Wenn also schon die Geschichte recht stiefmütterlich behandelt wird, könnte man ja zumindest davon ausgehen, dass möglicherweise das Augenmerk auf den handelnden Personen liegt. Aber weit gefehlt. Die Charaktere erfahren keine Weiterentwicklung und verharren auf dem gleichen flachen Niveau, auf dem sie bereits im ersten Band herumgedümpelt sind. Wenn sie sterben, zuckt man mit den Schultern. Was soll’s, man hat sie ja eh nicht besonders gut gekannt. Wenn es nicht das Personenverzeichnis gleich zu Anfang des Buches geben würde, könnte man vermutlich auch noch nicht einmal sagen, wer genau welche Position an Bord innehat oder wer zu welchem Außenteam gehört. Alle sind austauschbar und leicht zu ersetzen.
Der Ausgang der Geschichte hat mich weder sonderlich verwundert, noch wirklich überzeugt. Er war vorhersehbar – und damit passend. Das trotz der vielen Zwistigkeiten zwischen den Vogelwesen und der SunSeeker noch eine Einigkeit erzielt werden konnte, war spätestens nach der Einmischung der wirklichen Herrscher der Schalenwelt („Jetzt kommt mal alle wieder runter“) klar. Wenn die Erwachsenen reden, haben die Kinder halt zu schweigen. Auch wenn die Geschichte nun beendet ist, bleiben doch zahlreiche Fragen zurück. Die Reise der SunSeeker Expedition nach Glory bleibt unvollendet, irgendwie ist die Geschichte auf halber Strecke abgewürgt worden - auch wenn sich den Menschen nun ungeahnte Möglichkeiten für die Zukunft offenbaren. Irgendwie riecht das alles nach einem dritten Band.
Wem übrigens die Rede der Lebewesen aus dem Jet (Seite 541) bekannt vorgekommen ist (wohl nur den wenigsten) der hat sich nicht getäuscht. In einer etwas abgeänderter Form und in einem anderen, weit älteren Buch, der Bibel, können wir ähnliches lesen (nur wesentlich poetischer). Dort spricht Gott zu dem geplagten Hiob in derselben Weise (Hiob 38,4). Wie wir also sehen können, ist alles schon mal da gewesen - selbst die Schalenwelt. Nur, damals hieß sie noch Ringwelt und sah etwas anders aus, war aber genau genommen das Gleiche in grün. Und das ist auch der Grund, warum für mich die ganze Grundstory etwas kränkelt. Alles ist schon (noch) bekannt und wirkt in seiner Umsetzung viel zu Retro. Die Geschichte wäre vor 20 Jahren vielleicht noch ein Erfolg geworden, passt aber nicht mehr so richtig in die heutige Zeit. Keine Ahnung ob Niven einfach nur seinen Erfolg von damals wiederholen wollte (was einmal geklappt hat, klappt vielleicht auch noch einmal). Eine gute Idee war es aber sicherlich nicht.
Aber, was macht man für Geld nicht alles? Man kann nur hoffen, dass sich beide Autoren auf ihre Stärken besinnen und es in Zukunft wieder besser machen.