Clemens, James
Das Buch des Sturms
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»Das Buch des Sturms« von Clemens, James
Es ist schon bemerkenswert, wenn ein Verlag in Zeiten sinkender Verkaufszahlen im phantastischen Genre einer fünf Bände umfassenden Reihe die Weihen einer hochwertigen Hardcoverausgabe angedeihen lässt. Erstaunlich auch, dass dies erst nach dem Wechsel der langjährigen Fantasy Redakteurin und Förderin Friedel Wahren zum Piper Verlag erfolgte. Wahren hat dem deutschen Fantasy Freund u.A. Moorcocks Elric-Saga, LeGuin's Erdsee-Zyklus oder Roger Zelazny's Amber-Romane beschert - wahrlich ein Beweis ihres guten Geschmacks und ihres Sachverstandes. Trotzdem ist es ihr in all der Zeit nicht gelungen die Hardcoverbastion im Heyne Verlag für ihre Literatursparte zu erobern. Stephen King, Peter Straub, W. Hohlbein und Kai Meyer beherrschten die gebundenen Buchausgaben aus dem Heyne Verlag. Die einzige Ausnahme, zwei Originalromane zur Reihe um „Das schwarze Auge“, die jedoch nicht von ihr editiert wurden. Doch nun, dem grossen Erfolg der Filme um Tolkien´s „Herrn der Ringe“ sei es gedankt, ist die Zeit wohl reif für eine gebundene High-Fantasy Saga. Optisch sehr ansprechend aufgemacht versucht der Verlag sich ein Stück vom Kuchen zu sichern.
Ich erwähnte es in meiner Besprechung des ersten Teiles der Saga bereits, auch James Clemens hat das Rad nicht eben neu erfunden. Eher das Gegenteil ist der Fall, die beiden bislang vorliegenden Romane, Band 3 soll im März 2003 folgen, bewegten sich inhaltlich doch sehr im Bereich des Altgewohnten. Zu Auftakt des vorliegenden zweiten Teils kennen wir unsere Helden bereits, auch die Gegenspieler wurden schon einmal kurz vorgestellt. Jetzt geht es darum, dass unsere Queste in Gang kommt. Für unsere junge Hexe Elena, die einzig verheissene Rettung des Landes, gilt es die alte Hochburg der Magiker, das untergegangene A'Ioatal zu erreichen. Dort wartet das vor Jahrhunderten geschaffene magische „Buch des Blutes“, das ihr im Kampf gegen das Böse zur Seite stehen soll. Doch unterwegs lauern Gefahren satt auf unsere Helden. Sie werden gejagt, gefangen genommen, treffen auf neue Mitstreiter und verlieren Gefährten. Auch in ihrer Mitte wächst die Gefahr - Verräter mischen sich unter die Begleiter der jungen Hexe. Und dann fällt unsere Protagonistin unter einen Zauberbann - die ihre Magik verschlingenden Ranken einer Dschungelhexe zwingen unsere Gefährte sich in das Reich der Beschwörerin aufzumachen. Im anderen Handlungsstrang begegnen wir Elena´s entführtem Bruder Joach wieder. In der Feste A'Ioatal gefangengehalten gelingt es diesem, sich aus dem Bann zu befreien. Er macht die Bekanntschaft einer seit Jahrhunderten nur noch im Untergrund operierenden Hellseher-Sekte, die sich auf ihren ultimativen Kampf gegen das Böse vorbereitet. Wenn der steinerne Drache zum Leben erwacht, so die Prophezeiung, wird ihr Tot die Schlacht um A'Ioatal, den Beginn des Kampfes zwischen Gut und Böse auslösen.
Der zweite Roman des Zyklusses ist deutlich besser als der Auftaktband. Wenngleich es verhalten beginnt, wird die erzählte Geschichte mit der Zeit immer detailreicher und faszinierender. Mit der Einführung des sehr interessanten Handlungsstranges um die Erlebnisse von Elena´s Bruder in der vom Bösen besetzten Feste gewinnt die Erzählung deutlich an Tiefe und Spannung. Bleibt uns die Protagonistin, bislang zumindest, immer ein wenig fremd, ihre Gefühlswelt, die Motivation ihrer Handlungen zu unklar, so liegt in ihrem Bruder eine gefälligere Identifikationsfigur vor. Auch die sich langsam vor unseren Augen öffnende Geschichte des Widerstands im ersten Kampf gegen die Invasoren, die Rätsel um die Drachen und deren Reiter, das Meervolk trägt zur deutlichen Steigerung des Tempos bei. Und nicht zuletzt wusste auch das letzte Drittel des Romans, in der es unsere Heldin, und die sie begleitenden Helfer in das giftige, vor Fertitlität überschäumende Sumpfreich verschlägt zu überzeugen. Endlich entwickelt sich unsere Protagonistin wahrnehmbar weiter, zu einer selbstverantwortlichen Person, die auch die Initiative übernimmt. Dass die Auseinandersetzung, auf die die Handlung im abschliessenden 5. Teil zusteuert eine wesentlich selbstbewusstere und energischere Kämpferin benötigt, ist klar. Nun, zum Ende des zweiten Bandes endlich scheint Elena ihre ihr vom Schicksal aufgezwungene Rolle zu akzeptieren und zu verinnerlichen. Ein wenig ausführlicher hätte ich mir die Dokumentation ihrer Wandlung zwar gewünscht, doch zumindestens agiert sie jetzt glaubwürdiger und mitreissender, als zu Beginn der Queste.
Der Autor zeichnet trotz der vielen Seiten, die er sich Raum nimmt kein sehr breitgefächertes Bild seiner Welt. Häppchenweise bekommen wird peu a peu Einblicke in seine Welt. Dies muss kein Nachteil sein. Durch die Portionierung vermeidet er es seine Leser mit zu vielen Fakten zu erschlagen, lässt sie behutsam in die verschiedenen Settings hineinschnuppern. Wenn es ihm in den nächsten Bänden gelingt seine Hauptpersonen weiter auszubauen, ihre Charaktere vielschichtig, und deren Entwicklung nachvollziehbar zu gestalten ohne sich zu verzetteln, dann können die drei zur Publikation anstehenden Bücher interessantes Lesefutter für Fantasy-Freunde bereithalten, für das es sich lohnt das Salair für eine Hardcoverausgabe auszugeben.