Bernd Rümmelein Kryson 1
Die Schlacht am Rayhin
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»Die Schlacht am Rayhin« (Kryson 1) von Bernd Rümmelein
Kryson vor Rümmelein ist ein Buch das die Leser polarisiert. Die Einen loben es über den Klee, die Anderen verdammen es. Offenbar sind die vielen Gewaltbeschreibungen mit daran Schuld. Wer meine Rezensionen verfolgt hat, der wird wissen, dass mir spritzendes Blut, fliegendes Gedärm oder Hirnmasse nicht den Blick auf die wesentlichen Qualitäten eines Buches verstellen. Für meine horrorfilmgestählten Sinne ist das bloß Beiwerk. Mich interessiert es nicht weiter, welche Menge rote Farbe bei einem Schwerthieb herausspritz oder ob auch noch kleine Fleischstückchen mit von der Partie sind und was auf der Klinge dabei kleben bleibt, oder mit herausgerissen wird. Daher kann ich mich voll und ganz auf die Geschichte konzentrieren. Jedenfalls hat mich das Buch neugierig gemacht und wurde mir sogar von einem Freund mit den Worten empfohlen „Wenn Dir Blut nichts ausmacht…“. Und klar, machte es mir nichts aus. Also habe ich Kryson in die Hand genommen und begann zu lesen.
Die ersten 50-60 Seiten sind großes Kino. Erstaunlich spannend und flüssig geschrieben erzählt es von einer fremdartigen Welt und dem drohenden Unheil, das über sie hereinbricht. Die Charaktere wurden mit viel Liebe zum Detail mit ihren eigenen Geschichten vorgestellt, auf eine unaufdringliche Weise, die sich natürlich in den Erzählfluß einfädelt. Schon habe ich mich gefragt, was andere Leser wohl an dem Buch auszusetzen haben, wo es sich doch so gut liest. Bestimmt würden noch die brutalen Schlachten kommen … so dachte ich mir jedenfalls. Bis dato hat Rümmelein alles richtig gemacht und ich wollte ihn schon in die Riege der besten deutschen Fantasyautoren erheben.
Doch dann, so ab Seite 60 oder 70 ließ die Spannung, die Stimmigkeit der Erzählung und das schriftstellerische Handwerk immer weiter nach, bis das Niveau irgendwo weit da unten auf dem Level eines Schreibanfängers rangierte. War die Erzählung bis dahin flüssig und las sich tadellos, holperte es auf einmal gewaltig auf allen Ebenen und das Lesevergnügen verwandelte sich in das Gegenteil.
Es sind die handwerklichen Ungereimtheiten, die mir ungewollt ins Auge sprangen und das Lesen zu einer holperigen Pistenfahrt machten. Die vielen aufeinanderfolgenden Wortdopplungen sind normalerweise einfach zu beheben, daher ist deren Allgegenwart erstaunlich. Diese spiegeln sich sogar in der Handlung wieder. So manches Mal wird ein Sachverhalt gleich doppelt erzählt so als hätte der Autor vergessen, was er ein paar Seiten vorher geschrieben hat. Ein Stilmittel ist das jedenfalls kaum. Gleichzeitig schreibt Rümmellein auf einmal in abgehackten Sätzen von minimaler Länge, die so ungeschliffen wirken, dass sich dazwischen eine Kluft aufbaut, die man erst überwinden muss. Flüssiges Lesen wird so zur Unmöglichkeit.
Was ist denn da also passiert? Warum hat der Autor seinen Text nicht nochmal gelesen, um daran zu schleifen? Dem Lektoriat hätte das auch auffallen müssen. Auf den ersten 50 Seiten hat es doch wunderbar geklappt. Das Gefälle zwischen dem Buchanfang und den weiteren Seiten ist gewaltig und hat mich als Leser zunächst in den Fantasyhimmel erhoben, um mich dann tief in die Hölle stürzen zu lassen. Schade - hätte der Autor seine Hausaufgaben gemacht und auch das Lektoriat aufgepasst, hätte Kryson ein gutes Buch werden können. Die genannten Schwächen sind für eine professionelle Publikation unverzeihlich und ich muss sie mit einem deutlichen Malus quittieren. Gut geht anders.