Andrzej Sapkowski
Etwas endet, etwas beginnt: Erzählungen
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»Etwas endet, etwas beginnt: Erzählungen« von Andrzej Sapkowski
„Etwas endet, etwas beginnt“ versammelt acht Kurzgeschichten von Andrzej Sapkowski aus verschiedenen Genres. Trauriges, Gruseliges und Lustiges, Phantastisches und Realistisches wechseln einander ab. Die einzige Gemeinsamkeit liegt in dem großen erzählerischen Können des Autors und einem Stil, der jedenfalls in dieser Übersetzung aus dem Polnischen sehr poetisch klingt und seinem Gegenstand jederzeit angemessen ist.
Jeder Kurzgeschichte gehen einige Erklärungen des Autors zur Entstehungsgeschichte voran.
'Der Weg, von dem niemand zurückkehrt' und 'Etwas endet, etwas beginnt' sind die einzigen Erzählungen mit Bezug zum Hexer-Zyklus. Da ich unmöglich alle Erzählungen ausführlich rezensieren kann, werde ich nur einen kurzen Überblick geben:
Die erste Erzählung, „Der Weg, von dem niemand zurückkehrte “, spielt in der Zeit vor dem Hexer, sie handelt von der Druidin Visenna und dem Söldner Korin. Die Druidin heilt den verletzten Krieger und zusammen stehen sie der Bevölkerung gegen eine Räuberbande bei. Auf das schreckliche Monster waren sie nicht gefasst.
„Etwas endet, etwas beginnt “ schildert auf vergnügliche Art die Hochzeit von Yennefer und Geralt. Es geht drauf und drüber bei den Festlichkeiten, zu denen Halblinge, Elfen, Zauberer und sogar ein Drache erscheinen, Gäste verschwinden, sich streiten, betrinken und verwandeln. Mit etwas Vorwissen (also der Kenntnis der Hexer-Saga) ist der Klamauk sicherlich noch amüsanter.
„Die Musikanten “ erzählt einmal ganz anders von den tierischen Bremer Musikanten. Diese sind die einzigen, die den Schirm reparieren kann, der die Apokalypse freisetzt, wenn die Menschen Tiere misshandeln. Doch die Menschen haben kein Mitleid mit den wehrlosen Lebewesen und so kommt es, wie es kommen muss – gruselig, faszinierend.
Dem Horror-Genre entsprungen ist „Tandaradei “. Diese Erzählung spuckt noch Tage nach der Lektüre in meinem Kopf herum, so schaurig-schön ist sie. Sapkowski vermischt verschiedenste Motive und schafft ein intrikates Gebilde, das den Leser bis zum Ende auf die Folter spannt. Walther von der Vogelweide bietet den Hintergrund für die unheimlichen Erlebnisse einer Frau, die einfach „unansehnlich“ ist und nun wider Erwarten auf einer Urlaubsreise die Zuneigung eines Mannes erfährt.
„Im Bombentrichter “ erzählt von einem Kind im kriegsgeplagten Polen, welches auf dem Weg zur Schule mitten zwischen feindliche Fronten gerät. Um diese Geschichte wirklich wertzuschätzen, wären wohl Kenntnisse von Polen und seiner Geschichte hilfreich. Die Fußnoten sind zahlreich, machen es im Endeffekt aber nicht leichter.
„Der goldene Nachmittag “ erzählt Alice im Wunderland neu, diesmal aus Sicht der Grinsekatze. Ein wunderbarer Spaß, abenteuerlich und absurd.
Realistisches (Nordamerika des 17. Jahrhunderts, Hexenverfolgung in Salem) vermischt sich mit phantastischen Elementen in „Ein Vorfall in Mischief Creek “. Wir folgen einigen Männern, einem Indianer und einem Jüngling auf der Suche nach einer entflohenen Hexe. Die Gruppe findet ein merkwürdiges Dorf, das von Frauen angeführt wird, und in dem die Männer über keinen Verstand verfügen. Die Geschichte ist spannend und sehr atmosphärisch, Sapkowski vermittelt nebenbei einen guten Eindruck der damaligen Mentalität.
„Maladie “ spinnt die Sage von Tristan und Isolde weiter. Ähnlich wie bei Gottfried von Straßburg geht es auch um einen kritischen Blickwinkel auf diese Liebe, die andere ins Unglück stürzt. Der Autor hat viele Elemente belassen, aber auch genug geändert, sodass etwas ganz Eigenes entsteht und dabei der Zauber dieser alles übersteigenden Liebe erneut zum Leben erweckt wird.
Fazit
Eine sehr vielseitige Sammlung anspruchsvoller Erzählungen, die mal düster, mal melancholisch, mal verspielt-leicht daherkommt. Die Sammlung eignet sich auch für Leser wie Sapkowski-Neulinge. Wie eine kühle Brise für von Langatmigkeit und Einheitsbrei ermüdete Fantasy-Leser.