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Jay Kristoff

1
Das Reich der Vampire: A Tale of Blood and Darkness


 
»Das Reich der Vampire: A Tale of Blood and Darkness« von Jay Kristoff


Besprochen von:
 
Detlef V.
Deine Wertung:
(5)

 
 
Vor 27 Jahren ging die Sonne unter – und seitdem sind die Armeen der Vampire auf dem Vormarsch. Stück für Stück haben sie ihr ewiges Reich ausgedehnt und den Menschen den Boden streitig gemacht, bis nur noch an wenigen Orten ein unbeschwertes Leben möglich ist. Kleine Inseln des Lichts in einem Meer aus ewiger Finsternis.
Als der junge Gabriel de León sein Heimatdorf verlassen muss, führt ihn sein Weg nach San Michon, zum Orden der Silberwächter, einer heiligen Bruderschaft, die das Reich und die Kirche gegen den Ansturm der Bestien verteidigt. Und noch ahnt er nicht, dass er zur größten Legende des Ordens werden wird – und zur letzten Hoffnung einer sterbenden Welt.  

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Als Fan von Jay Kristoff bleibt mir nicht viel übrig, als ab und an auch mal einen Fantasy Roman zur Hand zu nehmen (ich stehe ja mehr auf SF). Als ich jedoch dieses Buch, diesen Ziegelstein, diese Schwerkraftsenke (der mir dankenswerterweise vom Fischer Tor Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt wurde), in der Hand hielt, da musste ich doch schwer schlucken, denn die Ausmaße des Buches, seine schiere Masse und die unglaublichen Dimensionen, sind nichts für schwache Nerven. Das Reich der Vampire hat über 1000 Seiten, wiegt dicke über 1 Kilogramm und ist fast 7 cm dick. Das schafft selbst ein Peter F. Hamilton nur mit großer Mühe.

Aber, um es vorweg zu sagen, auch dieses Buch aus der Feder von Jay Kristoff hat mich absolut begeistert, ja geradezu verzückt. Erstaunlich wie schnell man 1000 Seiten weglesen kann. Das der dunkle Held des Buches ausgerechnet ein Vampir ist, der gegen andere Vampire kämpft, musste ich auch erst einmal verkraften, denn eigentlich mag ich Vampire nicht besonders. Zu oft sind es diese unglaublich gut gebauten Typen, in die sich die Frauen reihenweise verlieben, und die Geschichte dann so schwülstig, dass ich mich schwertue solch ein Buch überhaupt nur anzuschauen. Keine optimalen Voraussetzungen also für dieses Buch.

Das vorliegende Werk wird auch mit Name des Windes meets Interview mit einem Vampir beschrieben. Dazu kann ich nichts sagen, denn ich habe weder das Buch gelesen, noch den Film mit Tom Cruise gesehen. Aber von der Beschreibung her könnte es passen. Was ich aber gesehen habe und auch liebe, ist die Blade Reihe mit Wesley Snipes. Und mit der kann man das vorliegende Buch meiner Meinung nach auch viel besser vergleichen. Beide Helden, Blade im Film und Gabriel de Leon im Buch, sind Vampire mit den gleichen Voraussetzungen. Sie sind sozusagen Halbblüter, ein Elternteil Mensch, der andere Vampir, beide müssen ihren Durst nach Blut unterdrücken und beide hassen Vampire. Blade spritzt sich ein Serum um seinen Durst zu unterdrücken, bei Gabriel ist es etwas völlig abgedrehteres. Er verarbeitet das Blut eines Vampires zu einem feinen Kraut und raucht dieses in einer Pfeife (wie es übrigens alle Vampirjäger seines Ordens so machen). Weitere Einstimmigkeiten zwischen Blade und Gabriel sind z. B. ihre übernatürliche Stärke und Schnelligkeit, sowie ihre unglaubliche Wundheilung.

Der Hintergrund
Vor 27 Jahren gab es ein Ereignis, Tagtod genannt, das die ewige Nacht, bzw. Dämmerung zur Folge hatte. Aufgrund des fehlenden Tageslichtes nahm die Vampirseuche (die gab es zwar auch schon vor dem Tagtod, war aber nicht so bedrohlich wie danach) immens zu. Die Vampirefürsten mit ihren namenlosen Heeren überranten das Land und eroberten Stadt um Stadt. Ihnen gegenüber standen nur die Heere des Königs und einzelne geistliche Orden, die solche Vampirjäger wie Gabriel in ihre Dienste nahmen und zu einem Bollwerk gegen das Böse machten. So wie es jedoch ausschaut, gibt es eine Person auf der Welt, die den Tagtod beenden und so die Vampire besiegen kann. Gabriel lernt diese Gruppe mit dem „Auswerwählten“ während seiner Reise kennen und schließt sich ihr an. Zwar aus sehr eigennützigen Motiven, aber auch zum Wohle der Gruppe.

Die Geschichte beginnt damit, dass Gabriel de Leon sich in der Gefangenschaft der Vampire befindet und nun, als der letzte der Silberwächter, der Vampirkönigin rückblickend seine Geschichte erzählen soll. Wobei man aber schon drauf hinweisen muss, dass es kein Interview ist, sondern vielmehr ein Verhör. Aus diesem Grund wechselt auch die Zeitebene des Buches des öfteren. Einmal befindet sich der Leser in der Gegenwart, beim Verhör, und wird dann, durch die von Gabriel erzählte Geschichte, um Jahrzehnte in dessen Vergangenheit versetzt und erlebt dessen Werdegang. Da Gabriel hier als Erzähler auftritt, ist die Geschichte auch in der Ich-Form geschrieben. Der Wechsel der Zeitebenen ist aber klar strukturiert, der Leser weiß also zu jeder Zeit wo, wie und wann er sich befindet.

Die Welt die Kristoff kreiert hat gefällt mir ausgesprochen gut. Es ist eine dreckige, hoffungslose und düstere Welt in der die Handlung spielt (so mag ich das). Vergleichbar in etwa mit unserem Mittelalter. Der Rest der freien Menschen haust in zu Festungen ausgebauten Städten und lebt unter ständiger Bedrohung durch die Vampire. Eine Gegenwehr ist fast unmöglich. Der Glaube / die Religion spielt eine starke Rolle in dieser Welt, denn oftmals bleiben den Menschn im Kampf gegen die Blutsauger nur geweihte Waffen und Silber. Die Geschichte um den Erlöser im Buch ähnelt sehr stark jener, die uns der christlicher Glaube erzählt - zwar mit feinen, teils auch deutlichen, Unterschieden, aber im Grunde genommen ist es die gleiche Geschichte, nur in einem anderen Gewand. Die Stärke der Silberwächter, zu denen auch Gabriel gehört, liegt nicht nur in ihren besonderen Fähigkeiten (diese werden durch die Blutlinie ihres Vampirvaters bestimmt), sondern auch in ihrem Glauben an den Erlöser.

Der Protagonist Gabriel de Leon, ist ein außergewöhnlicher Kämpfer der selbst unter den Vampirherrschern einen legänderen Ruf geniesst. Durch einen tragischen Todesfall (ich will nicht näher drauf eingehen) für den er sich die Schuld gibt, hat er seinen Glauben verloren und befindet sich nun auf einem selbstmörderischen Rachefeldzug. Gabriel ist nicht gerade ein sympathisches Kerlchen. Er ist in der Regel unbelehrbar, betrunken, rücksichtslos und ein echter Kotzbrocken. Aber blöderweise ist er, neben dem „Auserwählten“, auch die einzige Hoffnung der Menschen. Er hat eigentlich null Respekt gegenüber jedem, selbst Gott. Er ist der Hauptcharakter der Geschichte.

Die Story liest sich für mich sehr kurzweilig, bildgewaltig, mit einigem Augenzwinkern und ist mit viel Gossensprache geschmückt. Damit erinnert sie sehr stark an die Nevernight Reihe und Gabriel hat vom Typ her eine große Ähnlichkeit mit Mia Corvere. Nach Beendigung des Buches sind noch viele Fragen offen, was aber kein Problem ist, da weitere Bände folgen werden. So ist zum Beispiel die wichtigste Frage, wie Gabriel den „Auserwählten“ wieder verloren hat, unbeantwortet geblieben. Auch die Episode, in der sein Sieg gegen seinen Erzwidersacher und den wohl mächtigsten Vampirfürsten Fabien Voss erzählt wird, ist noch nicht niedergeschrieben worden. Beides wird vermutlich, oder hoffentlich, im Nachfolgeband zu lesen sein.

Fazit
Was soll ich groß schreiben? Tolle und fesselnde Geschichte. Unbedingt lesen.

P.S. Ein Lob und ein Dank auch an dieser Stelle für die wirklich tolle Übersetzung von Kirsten Borchardt.
 


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